Der eigene Weg

In dem Maße wie Mader seinen eigenen Stil ausprägte, entfernte er sich von der öffentlich anerkannten Malerei. Die Entwicklung war gegenläufig. Von seiner Kritik an der gegenstandslosen Malerei, deren Argumente er schon in den frühen Nachkriegsbriefen vorbrachte, wich er nie ab. Erst neueste Forschungen haben für die Durchsetzung des abstrakten Expressionismus im Nachkriegsdeutschland die entscheidende Rolle der Amerikaner aufgedeckt, die mit großem finanziellen Einsatz und einem aufwendigen Organisationsapparat ihre Kulturpolitik betrieben. Maders Verdacht fand also eine späte Bestätigung:

„Skepsis und uferloser Materialismus breiten sich immer mehr aus und die Amerikanisierung von der Du auch schriebst, spielt einen zerstörende Rolle.“

Man propagierte die gegenstandslose Malerei als Inbegriff künstlerischer Freiheit, als Absage sowohl gegen die Nazi-Kunst als auch gegen den sozialistischen Realismus der kommunistischen Länder. Amerika stellte mit der Werbung für die Malerei eines Jackson Pollock den Anspruch, Frankreich in der kulturellen Führung abzulösen.

Für Mader dagegen blieben die großen französischen Maler immer Vorbild: „Es ist schon ein Genuss“, schreibt er über Matisse, „diese klare künstlerische Intelligenz zu empfinden, die Deutung der Welt aus dem Erlebnis der Farbe, ganz rein und unmittelbar. Es ist etwas herrliches um diese typisch französische Klarheit.“ Gemessen an den Franzosen war ihm schon lange die deutsche Malerei des Expressionismus suspekt: „Dass Farborgien nicht jene letztüberzeugende Bildempfindung zu geben vermögen“, beobachtet er wieder bei Emil Nolde, denn das Effektmäßige, wenn auch sublim gebracht, liege bei ihm nahe. „Man braucht da nur an die Bildform Cezannes zu denken im Gegensatz zu Nolde. Wie hier Raum, Maß, Linie ein reich gegliedertes Ganzes ergeben, das scheint mir eben doch weitaus großartiger.“

Dass der Maler jenen nur ihm eigenen „Blick in die Welt“ im Gemälde mitteilen solle, war Mader schon früh bewusst geworden. Es ist das Charakteristikum seiner Generation, die gerade zu malen begann, als die Schöpfungen der „Klassischen Moderne“ in ihrer stilistischen Vielfalt im Wesentlichen ausgeprägt waren, dass sie sich der nahezu unendlichen formalen Möglichkeiten bediente und zum Ausdruck ihrer Persönlichkeit nutzte. In dieser Anverwandlung der gestalterischen Erfindungen liegt ein besonderer Reiz, denn nun wird „eine Synthese gesucht, die aus der Sackgasse der formalen Isolierungen herausführt. Die Fortschritte einer nachrevolutionären Zeit liegen in der Korrektur programmatischer Vereinseitigungen.“

Dass in Maders Werk die Stilprägungen des Kubismus einfließen und eine glückliche Verbindung mit seiner intensiven Erlebnisfähigkeit der Natur eingehen, lassen die meisten seiner Bilder erkennen. Sein Wissen um die gestalterische Fläche verhindert die platte naturalistische Erzählung, dass es daneben für Mader keine Gattungen mehr gibt, dass die Grenzen zwischen Abbildung und Phantasieform verfließen, dass sie zwischen Symbolhaftigkeit und Dekorativem, zwischen Realem und Surrealem aufgehoben sind, all dies mag ein Zeichen für seine allumfassende Harmonievorstellung von der Welt sein, die künstliche, dem Intellekt entsprungene Kategorisierung nicht kennt. Deutlich findet sich ein solches Bekenntnis in seinen Briefen:

„Was für mein Empfinden heute weithin fehlt, ist eine Angriffsergriffenheit den Dingen gegenüber. Ein Miteinander in Beziehung setzen. Das intellektuelle Zerteilen und Zusammensetzen überwiegt heut und vor allem fehlt die Liebe, meine ich. Überall wird das Artistische gesehen und in den Vordergrund gestellt, aber daraus kommt nie eine Kunst, die umfassender anspricht und den Seelengrund beeindruckt.“

Ausstellung Joseph Mader 60er

Gemälde Tiere Natur Joseph Mader