Das Leben von Joseph Mader

„Joseph Mader scheint mit Max Beckmann in einer idealen Verbindung zu stehen. Schon dies, dass er als einer der wenigen den Mut hat, dieser stärksten Malerbegabung des jüngeren Deutschlands entgegenzugehen, ist ein Ausweis kräftiger Initiative“. Mit diesen Worten charakterisiert der Kunstkritiker Wilhelm Hausenstein den jungen Maler Joseph Mader anlässlich einer Ausstellung in der renommierten Münchner Galerie Neumann und Franke im Jahr 1932. Nach Abschluss seines Studiums in Köln an den dortigen Werkschulen als Meisterschüler des Matisse-Schülers Friedrich Ahlers Hestermann kehrt er in seine bayerische Heimat zurück und läßt sich als freier Maler im München der frühen 30er Jahre nieder. Der Galerist Günther Franke wird auf seine Arbeiten aufmerksam, der Jugendstilmeister Richard Riemerschmid unterstützt ihn und der Verleger Reinhard Piper wendet ihm sein Interesse zu. Mader scheint eine glänzende Karriere bevorzustehen. Doch mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten endet Joseph Maders Aufstieg in der deutschen Kunstszene.


Anton & Joseph Mader
Die Brüder Anton und Joseph Mader

Frankes Versuche Mader an Hautlaub in Mannheim, Gosebruch in Essen u. a. zu vermitteln können nichts bewirken, da diese von den Nazis entlassen bzw. aus dem Amt gedrängt wurden. Auch ein geplantes Ausstellungs-Projekt in der Berliner Galerie Nierendorf kommt nicht zur Ausführung. Im November 1934 schreibt der damalige Direktor der Berliner Nationalgalerie, Eberhard Hanfstaengl, an Mader: „… Es ist mir aufrichtig leid, dass gerade Sie und ein ganzer Kreis junger aufstrebender Künstler in München so wenig Resonanz finden und dass leider auch die Städtische Galerie als Betreuer dieser Dinge ausfällt. Die Ausstellungsmöglichkeiten schwinden. Denn Joseph Mader weigert sich, sich der Kunstauffassung der neuen Machthaber anzupassen. Trotzdem wird Mader 1936 noch der Albrecht Dürer Preis zuerkannt. An seinen Bruder schreibt er:

„Die Hoffnung, durch die eigene persönliche Arbeit Erfolg zu haben, kann man zunächst unter den gegenwärtigen Umständen ruhig aufgeben. (…) Eine furchtbare Zeit, das Geschehen in ihr von einer unentrinnbaren Zwangsläufigkeit, weil die Menschen insgesamt innerlich arm geworden sind, die Glaubens- und Gestaltungskräfte erloschen sind und deshalb alles der Organisation des Außen sich zuwendet.“

1941 wird er zum Militärdienst einberufen und im Januar 1945 wird sein Münchner Atelier bei einem Bombenangriff zerstört.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist er deshalb gezwungen, auf das Land zu ziehen und lebt und arbeitet dort unter größter wirtschaftlicher Not. Abseits der Großstadt findet er zu einer vom Kubismus geprägten lyrischen Malerei. Wenngleich diese stillen Bilder im Getöse der Wirtschaftswunderzeit –auch durch das Abgeschnittensein von den Kontakt- und Ausstellungsmöglichkeiten der Großstadt- nur vereinzelt ein Echo hervorrufen, so ist darunter doch mancher Kenner, wie der 81jährige Richard Riemerschmid, der 1955 zu Maders Kollektivausstellung ins Münchner Lenbachhaus gekommen war. Er schreibt an seinen ehemaligen Schüler:

„Ich bin ganz erregt vor manchen Ihrer Bilder gestanden. Freudig erregt und mit einem Bedürfnis es auszusprechen.“ Er vergleicht diese Empfindung mit der „Freude, die man an herrlichen Gedichten haben kann, auch wenn man die Sprache in der sie geschrieben sind nicht bis in alle Einzelheiten versteht. So geht’s mir da und darüber möchte ich gern mit Ihnen sprechen.“

Ein glücklicher Umstand wollte es, dass nach dem Tod des Bruders von Joseph Mader auf dessen Dachboden eine Schachtel voller Briefe Joseph Maders an ihn gefunden wurden. Die Brüder standen sich zeitlebens sehr nah. In ihnen schildert er seine Anfänge als Maler, berichtet über seine Schwierigkeiten als unangepasster Künstler in der Zeit des Nationalsozialismus, lässt in den Nachkriegsbriefen die Atmosphäre der damaligen Zeit lebendig werden und gibt tiefen Einblick in sein künstlerisches Empfinden. Die fortwährende Korrespondenz der beiden Brüder, von den späten 1920er Jahren bis 1982 ist weitgehend erhalten und umfasst mehrere hundert Briefe. Sie erhellt schlaglichtartig jene Epoche des 20. Jahrhunderts, die mit dem Niedergang der Weimarer Republik, mit Diktatur, Krieg, Nachkriegsmisere und Wiederaufbau nicht nur die Lebensmitte einer Generation bezeichnet, sondern auch als Scharnier im Kulturleben Deutschlands gelten kann.